Die bunte Restedecke

So bunt, wie hoffentlich alle gefundenen Ostereier waren, so bunt ist die Sammlung an Stoffen und Stoffresten, die fast jede Kreative hat. Obwohl Nähen bei mir nie im Fokus stand, hat sich auch bei mir einiges angesammelt und was daraus werden kann, will ich Dir heute an einem Beispiel erzählen.

Das Nähen mit der Maschine sorgte bei mir immer für leichte Verspannungen im Vorfeld. Nichts war so akkurat und perfekt, wie es sein sollte und die Zahl der (ungefragten) Kritikerinnen hatte eine weite Bandbreite an gut gemeinten Tipps zur Verbesserung der "missratenen" Werkstücke. Das frustrierte mich, denn ich war stolz, dass etwas immerhin schon mal zusammenhielt, dass eine Kurve halbwegs kurvig wurde oder dass das Knopfloch genau auf den Knopf passte. War doch egal, ob es ein wenig schief war. Es funktionierte und sah gut aus.

In der linekn Hand halte ich das zusammengerollte Nadelbriefchen aus hellblauem Stoff mit weißen Punkten. Es ist als Rolle etwas dicker als mein Daumen und innen voll mit Nadeln, einige Sicherheitsnadeln schauen heraus.
Das handgenähte Nadelbriefchen aus dem Januar

Detailaufnahme des noch geschlossenen, aber entrollten Nadelbriefchens. Man sieht die Innenlage aus dunkelblauem bzw. kariertem Stoff und reichlich Sicherheitsnadeln.
Proppevoll mit den Sicherheitsnadeln aus der bunten Restedecke.

Aus dieser Demotivation heraus habe ich mich nie an Quilts gewagt, die so adrett und perfekt sind mit ihren Mustern und Farbverläufen. Vor allem aber habe ich das, was ich machte, nie gezeigt. Bis ich dann in Bergisch Gladbach auf Nico und ihre Nähwerkstatt almatela traf. Dort wird das Schiefe ebenso gefeiert wie das akkurate. Und: Es gibt Handnähkurse. Eine Sache, die ich sowieso schon immer testen wollte. (Vor vielen Jahren, als wir noch im Mittelalterverein waren, habe ich Herrn Gäbel mal eine Hose von Hand genäht. Die passte und er trug sie lange und gerne. Aber wir leben ja nicht permanent im Mittelalter, und in der Neuzeit muss man ja die Maschine verwenden. Little did I know...)

Kommen wir zum Punkt: Ich wollte eine Decke. Eine Frau Gäbel bunte Decke. Handgenäht. Bei Nico habe ich die Technik des Kawandi/Siddi kennengelernt. Hier näht man auf ein vorhandenes Stoffstück, das als Rückseite dient, direkt die Stoffstückchen seiner Wahl. Man fängt außen an und arbeitet sich nach innen vor. Und da eine Decke ein bestimmtes Maß braucht, habe ich, nachdem ich zwei, drei kleine Stoffcollagen fertig hatte, hochmotiviert direkt zu alter Bettwäsche gegriffen. Der Möbelschwede hatte sie irgendwann mal aussortiert und es gab einen Bezug (1,40m x 2m) für 3 Euro. Her damit!

Und so saß ich und nähte und nähte und nähte und nähte und nähte und fluchte zum ersten Mal nähte und nähte und nähte und nähte und nähte und stach mich in die Finger und nähte und frug mich, WARUM ich nicht einen Topflappen hatte wählen können und nähte und nähte und nähte und fluchte weiter und nähte und nähte und entfuddelte das Garn und nähte und nähte und nähte und dachte an dies und das nähte und nähte und nähte Zuhause und nähte im Urlaub und nähte und nähte und nähte fluchte noch einmal und nähte und nähte und nähte und nähte. Und dann war irgendwann ein Rand fertig. Ein Rand! Zwar ein breiter, aber immer noch nur ein Rand.




Und dann kam ich an einen Punkt, an dem ich einen sichtbaren Erfolg brauchte. Mir fielen die ganzen Patschworkstücke ein, die ich zu Gunsten einer erdachten Ordnung aus kleinen Reststücken gefertigt hatte. Die schlummerten einen Schlaf des Unbemerktseins und hatten nun ihren großen Auftritt. Damit füllte sich die Decke schnell - zumindest mit Hilfe der Sicherheitsnadeln. Genäht war es da noch lange nicht. Immer wieder passte ich die vorhandenen Stücke an die Lücken an.

Ob Zuhause auf dem Boden...

...oder auf dem großen Tisch im Kotten.

Irgendwann bin ich wie ein Chamäleon mit den Farben der Decke und eines Quilttops verschmolzen. (Im Hintergrund über mir hängt übrigens ein kleiner Kawandi-Quilt in einer "normalen" Größe)

Ein Jahr nach Beginn des Projektes fuhr ich mit der Decke wieder ins almatela nach Bergisch Gladbach, um die großen Designwalls zu nutzen und meine Patchworkstücke den noch vorhandenen Lücken zuzuordnen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Technik von Kawandi/Siddi schon längst verlassen und meine eigene Arbeitsweise etabliert.

Im almatela

Und dann ging es weiter mit nähen. und irgendwann, nach vielen, vielen Stunden, waren alle Teile festgenäht. Das war der erste große Meilenstein. Einige waren jedoch so groß, dass ein zusätzlichen Quilten notwendig erschien.






So konnte ich gleich noch einmal unterschiedliche Stiche üben oder andere Formen quilten.







Und jetzt kann ich sagen: Ich glaube, sie ist fertig. Die neue, Frau Gäbel bunte Sofadecke. Allerdings gebe ich zu: Die Vorstellung, ohne Sicherheitsnadeln unter dieser Decke zu liegen und währenddessen doch noch das ein oder andere Detail zu ergänzen, ist schon sehr verlockend. Aber vorerst wird sich jetzt gefreut.
Passt gar nicht ganz auf's Bild...

Lasst es Euch gutgehen, bis nächste Woche!





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